Die große Reibn - eine Herzensangelegenheit: 72 Kilometer, 5050 Höhenmeter, 18 Stunden Bewegungszeit

Nach fünf Jahren im Berchtesgadener Land lebend fühle ich mich zu dieser Region derart hingezogen, dass ich sie als meine Heimat bezeichnen würde. Für Sebi, der in den Berchtesgadener Alpen aufwuchs gibt es keinen schöneren Ort als daheim in seinen Bergen unterwegs zu sein. Mit diesem Hintergrund machen wir uns am Samstag um 03:07 Uhr vom Hafen Königssee auf den Weg für unsere heutige Tour: die Große Reibn oder auch ,,haute Route" der Berchtesgadener Alpen genannt. Hierbei handelt es sich um die wohl bekannteste und längste Skitour der Berchtesgadener Alpen, die jedoch auch im Sommer absolviert werden kann.  Bereits existiert hat eine Variation der Route, die einen Gipfel inkludiert und in der Summe über weniger Höhenmeter verfügt. Wir verändern die bestehende Sommervariante und fügen die Gipfel Funtenseetauern, Hundstod und Seehorn hinzu, was die Strecke um ihren technischen Anspruch deutlich erweitert.

 

Ablauf:

Dem Weg hinauf zu den Königsbachalmen folgend erreichen wir zunächst das Carl-von-Stahlhaus, wo wir das erste Mal unsere Flasks auffüllen und uns weiter auf den Weg zum ersten Gipfel des heutigen Tages - den Schneibstein begeben. Am Gipfel angekommen erwartet uns ein wundersamer Sonnenaufgang, der nun Helligkeit in unser heutiges Vorhaben bringen wird. Es folgt ein kurzer downhill bis zum Seeleinsee von welchem wir zum Hochgeschirr aufsteigen um dann wieder bergabwärts zur Wasseralm zu laufen. Zu diesem Zeitpunkt sind die Temperaturen noch angenehm kühl, was ein schnelleres Vorankommen ermöglicht.

Bei der Wasseralm legen wir eine kurze Pause ein um unsere Flasks aufzufüllen, mit dem Hüttenwirt den Weg zum Funtenseetauern zu besprechen und einen Kaffee zu uns zu nehmen, denn der Tag ist noch jung und etliche Kilometer wie auch Höhenmeter erwarten uns noch. Der Aufstieg zum Funtenseetauern gestaltet sich zunächst vertikal aufsteigend und wird im oberen Bereich durch Steinplatten immer technischer. Am Gipfel angekommen haben wir eine Weitsicht auf das umliegende Steinerne Meer, das Berchtesgadener Land und im Weiteren auch auf unser nächstes Ziel - den Funtensee mit dem Kärlingerhaus. Wir folgen also nun dem downhill und erreichen nach dem Abstieg einen flowigen singletrail, der uns zu unserem Supporter Lukas führt. Dieser läuft fortan mit uns mit und wird uns bis zur Wimbachbrücke begleiten. Am Kärlingerhaus angekommen folgt die zweite größere Pause: Wir trinken und essen etwas um uns gleich darauf auf den Weg zum Ingolstädter Haus zu begeben. Nun macht uns die Hitze mehr und mehr zu schaffen. Hier, im steinernen Meer, kommen wir der Sonne nicht aus und werden von allen Seiten gebrutzelt! Auch unsere mentale Stärke wird nun vermehrt gefordert denn die bisherige Distanz macht sich nun langsam bemerkbar. Wir erreichen das Ingolstädter Haus und füllen abermals unsere Flasks auf um nun den großen Hundstod zu besteigen. Hier können wir, nachdem wir kontinuierlich alle 45 Minuten Gels/Riegel/gebackene Eier/Nudelnester etc. zu uns geführt haben im moderaten Tempo aufsteigen und werden Oben mit einer weiteren gigantischen Aussicht auf die umliegenden Berge belohnt. Doch wir halten uns auch an diesem Gipfel nicht all zu lange auf, denn die Sonne steht bereits tiefer und ob es heute noch gewittern wird, können wir bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschätzen. Also begeben wir uns in den downhill zur Hirschwiese - der insbesondere für mich die aller größe Herausforderung des Tages darstellen soll. Unten angekommen ist auch meine Stimmung am Tiefpunkt angelangt und es dauert einen weiteren, ganzen uphill zum Seehorn, bis sich meine Laune wieder bessert. Während der letzten Stunde trank und aß ich zu wenig und erhielt unmittelbar das Resultat! Durch die Unterstützung von Sebastian und Lukas konnte ich mich schlussendlich wieder fangen und über meine schlechte Stimmung witzeln. Doch auch für die Beiden war die schlechte Laune spürbar gewesen und kostete sie Energie und Mühe.

 

Wir erreichen das Seehorn und die Sonne steht bereits recht tief am Horizont, weshalb wir uns auf die letzte Etappe der Großen Reibn begeben. Nun folgt der Abstieg über den Loferer Seilergraben. Diesen meistern wir in moderatem Tempo. Spannend ist, dass dieser mich (obwohl ausgesetzter) weniger fordert als der Abstieg zur Hirschwiese. Die mentale Verfassung war für den Seilergraben ausschlaggebend! Doch sind wir ab jetzt mit einer Wetterveränderung konfrontiert: Ein Gewitter bahnt sich an. Als wir das Ende des Seilergrabens erreichen donnert, blitzt und regnet es bereits weshalb wir unsere Route verändern müssen und die Wimbachgrieshütte aufsuchen müssen. Dort noch rechtzeitig angekommen trinken wir etwas und warten das schwere Gewitter ab. Hier drücke ich das erste Mal ,,Stop" auf meiner Uhr. Es ist nun bereits stockfinster und regnet in Strömen doch zur Wimbachbrücke müssen wir in jedem Fall. Also machen wir uns nach zirka 45 Minuten Pause wieder auf den Weg. Sebastian und ich entscheiden in diesem Moment, unsere Route komplett zu beenden und von der Wimbachbrücke wieder zum Hafen Königssee zu laufen. Es regnet zwar noch stark, doch das Gewitter hat sich verzogen und so laufen wir, als wir uns an der Wimbachbrücke von unserem Supporter Lukas trennen, zum Hafen Königssee zurück wo wir unsere Tour starteten.

 

Die Berchtesgadener Alpen sind unser Beider zuhause. Die haute Route zu finishen stellt einen ganz besonderen Stellenwert für uns dar und so bin ich unendlich dankbar für alle Rahmenbedingungen, die uns diese Erfahrung ermöglicht haben. Dankbar bin ich außerdem über meinen Seelenverwandten, der uns die Hälfte der Tour begleitet hat und über den besten Freund, um den ich im Berchtesgadener Land weiß. Ich bin mir bewusst, dass ich nur mit dir, Sebi, diese Tour bestreiten konnte. Danke!

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